Ein Frauenroman aus dem Oberwallis

Sieglinde Kuonen-Kronig hat ein Buch über Abschied und Aufbruch in einem Walliser Dorf geschrieben. Ihr Roman heisst „Gelbe Tulpen vor dem Haus“.
(Fotos: Kurt Schnidrig)

In einer Berufspause zum Schreiben gekommen. Sie arbeitet als Logopädin und wohnt mit ihrer Familie in Bitsch: Sieglinde Kuonen-Kronig. Kürzlich hat sie sich eine Berufspause gegönnt. Etwas Abstand nehmen wollte sie vom Berufsleben und mehr Zeit haben für ihre Familie und für sich selbst. Und so war da wiedergewonnene freie Zeit. Die Ruhe liess die Kreativität aufblühen und plötzlich war da diese zündende Idee, ein Buch zu schreiben. Dabei ging Sieglinde Kuonen-Kronig eigene und originelle Wege. Während ihrer Arbeit am Roman trafen wir uns verschiedentlich zu hoch spannenden literarischen Tischgesprächen.

Frauengeschichten? Die Geschichte im Roman „Gelbe Tulpen vor dem Haus“ spielt im Walliser Dorf namens Burg. Der Name Burg sei ein fiktiver Name, betont die Autorin. „Es sollte nicht zu viel Nähe entstehen zu real existierenden Personen und Ereignissen.“ Im Roman habe sie Themen verarbeitet, die sie beschäftigen. Es sind dies Themen wie Weggehen, Zurückkommen, die eigenen Wurzeln spüren, aus der Enge der Provinz flüchten. In ihrem Roman ist von Personen zu lesen, die sich ins Dorf eingeheiratet haben, die aus dem welschen Kantonsteil gekommen sind oder die aus der Bundeshauptstadt Bern in dieses kleine Walliser Dorf Burg übersiedelt sind. Aber ja doch, es sei schon vor allem ein Frauenroman, resümiert Sieglinde Kuonen-Kronig. Da ist die Protagonistin Nicole, eine gebürtige Walliserin, die nach ihrem Studium eine Karriere als Journalistin bei einer Tageszeitung in Zürich startet. Und da sind auch noch weitere Frauengestalten, Claudia, Michèle und Laura etwa. Ihre Romanstory drehe sich um Frauengeschichten, besonders gehe es ihr auch um die Entwicklung dieser Frauen, erklärt die Autorin. „Alle diese Figuren stehen mitten im Leben, sie sind lebenserfahren, haben viel erlebt, nun müssen sie sich mit einem unverhofften Ereignis oder auch mit ihrem Schicksal auseinandersetzen.“ So gesehen, ist der Roman mehr als ein reiner Frauenroman, er ist auch Schicksalsroman, Beziehungsroman und Entwicklungsroman. Natürlich prägen auch Männer die Geschichte mit, im Fokus stehen aber doch die Frauengestalten. „Mein Buch soll die Entwicklung dieser Frauen aufzeigen, am Schluss stehen sie nicht mehr am gleichen Ort wie am Anfang“, hält die Autorin fest.

„Gelbe Tulpen vor dem Haus“ – ein Romantitel, der neugierig macht.

Gelbe Tulpen vor dem Haus. Sie habe sich schwer getan bei der Titelfindung, verrät mir Sieglinde Kuonen-Kronig. So viel sei verraten: Die gelben Tulpen im Titel nehmen Bezug auf ein Ereignis im Buch. Die Protagonistin Nicole muss unvermittelt ins Wallis zurückreisen, weil ihre Mutter an einem Herzversagen gestorben ist. Fast etwas im Widerspruch zu diesem tragischen Ereignis blühen gelbe Tulpen vor dem Haus. „Es ist dies auch ein symbolischer Titel, der die enge Beziehung und Verbindung von Nicole zu ihrer Mutter aufzeigt“, erklärt die Autorin, und fügt dann noch an, der Titel stehe zudem auch symbolisch für all das Hoffnungsvolle, für das Zuversichtliche, denn nach jedem Schicksalsschlag gehe das Leben ja doch irgendwie weiter.

Sieglinde Kuonen-Kronig nachdenklich: Was alles hat sie von ihrem eigenen Leben in die Romanstory hineinverpackt?

„In jeder dieser Figuren ist auch ein Teil von mir“, gesteht die Autorin. Vieles sei realitätsbezogen. „Bestimmt findet sich jede Leserin in irgendeiner dieser Frauenfiguren wieder“, ist sie überzeugt. Und ja, in jeder von diesen Frauenfiguren sei auch etwas enthalten von ihrem eigenen Wesen und von Ereignissen, die sie selbst erlebt habe. „Die Leute, die mich gut kennen, werden mich bestimmt in diesem Buch irgendwo erkennen“, gibt sie sich überzeugt. Ihre eigenen Charakterzüge und Eigenschaften hätten wohl auch Eingang gefunden in ihr Werk.

Sieglinde Kuonen-Kronig liest aus ihrem Buch. Sie steht dem heutigen Wallis authentisch, aber auch modern und kritisch gegenüber.

Das fiktive Walliser Dorf Burg lässt sich geographisch überall im Wallis situieren. Mit seiner Wohnstruktur, dem Dorfbistro, dem Dorfladen, der Kirche und dem Friedhof sowie der örtlichen Primarschule und der ansässigen Baufirma gibt es einen authentischen Hintergrund ab und verströmt viel Lokalkolorit. Walliser Eigenarten, Traditionen und Charakterzüge finden sich im Roman in authentischer Form, die Autorin setzt ihnen zuweilen jedoch auch eine kritische und moderne Lebenseinstellung entgegen. Das Dorf Burg dient als Kulisse sowohl für die Geschichte der Heimkehrerin Nicole Amherd als auch für das Leben von vier weiteren Frauen: einer Eingeheirateten, einer Einheimischen, einer Zugezogenen und einer Ausgewanderten. Jede dieser Protagonistinnen verfügt über eine eigene Geschichte, in der Romanstory berühren und mischen sich ihre Geschichten jedoch immer wieder.

Freiheit und Unabhängigkeit als Single oder eingebettet in eine Paarbeziehung? Die Protagonistinnen in Kuonen-Kronigs Roman streben nach Verwirklichung.

Nicole und Sophie. Die Protagonistinnen in „Gelbe Tulpen vor dem Haus“ stehen für typisierte Frauencharaktere im heutigen Wallis. Nicole lernt Sophie im Wartezimmer der gemeinsamen Gynäkologin in Brig kennen. Sophie lebt in einer gefestigten Paarbeziehung und führt ein völlig anderes Leben als Nicole, der ein Leben in Freiheit und Unabhängigkeit vorschwebt. Dennoch entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Regelmässig treffen sie sich im Dorfbistro zum Kaffee. In Gedanken ist Nicole jedoch immer noch bei Matthias, den sie in Zürich kennengelernt hat. Nicoles Gefühlswelt gerät völlig durcheinander. Ist sie bereit, ihre Leben als Single aufzugeben? Oder träumt sie weiter ihren Traum von Freiheit und Unabhängigkeit? Bringt eine Reise mit ihren neuen Freundinnen die erhoffte Klärung? Weiterlesen ist angesagt im Buch von Sieglinde Kuonen-Kronig.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig