Karin Imhof gab das „Soldatentanteli“

Am Buchfest in Brig las Karin Imhof aus dem Buch „1048 Tage in der Schlucht“ von Autor Thomas Handschin. (Foto: Kurt Schnidrig)

1048 Tage in der Schlucht. So heisst das Buch des Basler Autors Thomas Handschin. Am Buchfest in Brig stellte der Autor die rro-Moderatorin Karin Imhof gleich selber vor, und zwar in ihrer Rolle als „Fräulein Else Fischer“, als das „Soldatentanteli“, das während des Ersten Weltkrieges im Fort Gondo die Soldatenstube leitete. Moderatorin Karin Imhof las überzeugend, empathisch und mit stimmungsvoller Intonation aus den Memoiren der jungen Krankenschwester Else Fischer.

Eine Neuerscheinung im Rotten Verlag. Weil die Erstausgabe von 1936 keine Biographie zu Else Fischer enthalte, sei eine Neuerscheinung nötig geworden, erklärte Thomas Handschin einleitend. Dafür hatte Handschin eine ausgedehnte Spurensuche betrieben, die allerdings nur wenig Erfolg zeitigte. Immerhin seien dabei drei Schwarzweissfotos zum Vorschein gekommen, die Else Fischer während des Aktivdienstes 1915-1918 zeigen. Er habe beim Besuch des Forts Gondo die Memoiren der jungen Frau entdeckt und sei fasziniert gewesen von den darin geschilderten Erlebnissen. So habe er beschlossen, die Geschichte von Else Fischer vor dem Vergessen zu retten, sagte Handschin. Das „Soldatentanteli“ möge in unserer Erinnerung weiterleben.

Else Fischers Reich war die Soldatenstube. Moderatorin Karin Imhof nahm in ihrer Rolle als Soldatenmutter Else Fischer das erwartungsvolle Publikum mit auf eine Reise durch die Jahre 1915-1917. Alles begann damit, dass die junge Zürcher Krankenschwester Else Fischer im Jahr 1915 vom damaligen Kommandanten des Grenzdetachements Simplon in die Soldatenstube im Fort Gondo geholt wurde, die für drei Jahre nun ihr anvertraut werden sollte. Else Fischer war bereits bei ihrer Ankunft angetan von der majestätischen Stille und der Ruhe, die im und um das Fort Gondo herrschte. Ihr oblag denn auch die Aufgabe, zusätzlich auch noch in Simplon-Dorf eine Soldatenstube einzurichten. Der Winter in Gondo war hart und Lawinen donnerten auf das Fort Gondo nieder. Nachdem eines Nachts gar eine Lawine die Soldatenstube zerstört hatte, machte sich Else Fischer zusammen mit Soldaten und Offizieren daran, den Schnee wegzuschaufeln und die Soldatenstube wieder herzurichten. Doch da seien auch immer wieder fröhliche und gesellige Stunden zu verzeichnen gewesen, wusste Moderatorin Karin Imhof zu berichten. Mit Kaffee und mit einem Jass sei Else Fischer auch für die „innere Wärme“ der Soldaten besorgt gewesen.

Moderatorin Karin Imhof hatte sich mit viel Empathie in die Rolle der Soldatenmutter Else Fischer eingelebt und berichtete auch von traurigen Momenten in der Soldatenstube.
(Foto: Kurt Schnidrig)

Traurige Tage im Fort Gondo. Die Soldaten hätten oftmals auch die noch verbleibenden Tage und Stunden gezählt, wusste Karin Imhof zu berichten. Dabei seien die Petroleumnot und die unzureichende Postzustellung noch die kleineren Probleme gewesen. Zank, Unzufriedenheit, Ungeduld, Wut und Ärger der Soldaten erforderten von der Leiterin der Soldatenstube Einfühlungsvermögen und Fürsorge. Den manchmal auch entmutigten Soldaten sei nichts erspart geblieben. Zur grossen Müdigkeit und zu Schmerzen sei im Jahr 1918 auch noch die „spanische Krankheit“ hinzugekommen. Fast alle wurden krank, auch Else Fischer. Das Krankenzimmer im Fort Gondo war überfüllt, neben den Betten mussten auch noch Strohsäcke ausgelegt werden. So harrten kurz vor Kriegsende nur noch sieben Personen im Fort Gondo aus, nur vier davon blieben von der Krankheit verschont. Trotzdem resümiert Else Fischer in ihren Memoiren: „In der Festung Gondo habe ich 1048 Diensttage verbracht. Es waren die schönsten und segensreichsten Tage meines Lebens.“

Moderatorin und Sprecherin Karin Imhof begeisterte ihr Publikum in ihrer Rolle als Else Fischer, deren Memoiren im Rotten Verlag neu erschienen sind.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig