Beat Albrecht – die Stimme am Buchfest

Schauspieler, Regisseur, Sprachcoach und Hörbuchproduzent Beat Albrecht moderierte und las am Buchfest im Stockalperschloss. (Foto: Kurt Schnidrig)

Jedes Mal ein grossartiges Erlebnis: Ein Gespräch, eine Lesung oder eine Moderation mit Beat Albrecht. Am Buchfest las er aus „Wie ein Roman“ von Daniel Pennace und aus „Der Klang der ungespielten Töne“ von Konstantin Wecker. Dazwischen erläuterte er einem staunenden Publikum die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen. Als Schauspieler, Regisseur, Sprachcoach und Hörbuchproduzent versteht er es wie kein anderer, Texte – und seien sie noch so komplex, hintergründig und dem Antiquariat entstammend – in neuer Frische so zu präsentieren, dass sie das Publikum ansprechen, mitreissen und zu Debatten motivieren.

Beat Albrechts Palmares ist beeindruckend. Heute ist er als freischaffender Schauspieler, Regisseur, Sprachcoach, Theater- und Hörbuchproduzent tätig. Als Mitglied der VPS (Vereinigung Professioneller Sprecherinnen und Sprecher) und Leiter der Sprachschule ars linguae wird er immer wieder gerne gebucht von Akteuren, welche die Bühne im Theater oder im wirklichen Leben zum Ort ihrer Berufsausübung auserwählt haben. Viele Kulturprojekte hat er insbesondere im Deutschwallis angestossen und betreut: Das Oberwalliser Kellertheater in Brig, den Theaterplatz Wallis, das Profitheater Wallis und das safran-Theater (ein mobiles-soleil-theater-haus) etwa, um nur einige wenige zu nennen. Beat Albrecht hat aber auch immer wieder mal die Begrenzungen und Einengungen unseres Tales gesprengt: Engagements in Bern, Berlin, Bremen, München, Innsbruck, St. Gallen, Biel-Solothurn, Winterthur und Zürich zeugen von seiner grossartigen Strahlkraft überall im deutschsprachigen Raum.

Am Buchfest im Stockalpergarten in Brig trug Beat Albrecht Passagen vor aus den Werken von Daniel Pennace und von Konstantin Wecker. (Foto: Kurt Schnidrig)

Wie ein Roman – Comme un Roman. Das Buch des Pariser Lehrers Daniel Pennac erschien bereits 1992. Mit dem Werk gedachte der Pädagoge Pennac anzutreten gegen die Leseverdrossenheit der Jugend. Als Grundlage für das Buch dienten ihm seine Erfahrungen als Vater und Erzieher. Sein grosses Anliegen war, die Erzieher, Lehrer und Eltern vom falschen Ehrgeiz zu befreien, dass Lesen immer „bilden“ muss. Lesen soll – nach Daniel Pennac – in erster Linie als Vergnügen, als Lust und als spannende Erfahrung erlebt werden. Auf den letzten 30 Seiten der insgesamt 200 führt er 10 Rechte des Lesers auf. Darunter sind auch „Rechte“, die erstaunen, weil sie eigentlich als Selbstverständlichkeiten gelten sollten. So etwa das Recht, Seiten zu überspringen. Oder das Recht, ein Buch nicht zu Ende zu lesen. Oder das Recht auf Bovarysmus, das heisst, den Roman als Leben zu sehen. Die Rechte, überall zu lesen oder laut zu lesen sind vor dem Hintergrund der damaligen strengen Erziehungsmethoden zu verstehen. Daniel Pennac gibt sich in „Wie ein Roman“ eher oberlehrerhaft und trocken. Vieles haben die Literaturlehrer dieser Welt inzwischen längst verwirklicht. Einiges allerdings bliebe noch zu bedenken. Etwa die Forderung Pennacs, den Schülern dieser Welt keine Bücher aufzuzwingen und am besten den gehobenen Zeigefinger beim Literaturunterricht schön unten zu lassen.

Der Klang der ungespielten Töne. Auf die Suche nach der Wahrheit der Musik machte sich Beat Albrecht zum Abschluss des Buchfestes. Der Musiker Konstantin Wecker erzählt in „Der Klang der ungespielten Töne“ die Geschichte einer Selbstfindung. Der Protagonist in der Geschichte heisst Anselm. Er macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, die in der Musik steckt. Auf seiner Suche nach Wahrheit droht sich der junge talentierte Musiker Anselm jedoch zu verlieren. Weder Blues noch Rock‘ n Roll vermögen seine Sehnsucht zu stillen. Anselm gerät in die Mühlen des Musikbusiness. Und wie das Musikbusiness ein junges Talent verbiegen und zerstören kann, davon erzählt Konstantin Weckers Geschichte: Es sind die Partys, es sind falsche Freunde, und es ist die Ehe mit einer Frau, die er, Anselm, nicht liebt. Schauspieler Beat Albrecht las da aus einem sehr sinnlichen Buch, er las von Träumen, von zerstörten Illusionen und von der Kraft der Kunst, das Leben zu verwandeln.

Weiterlesen ist angesagt. Ich habe mir den „Klang der ungespielten Töne“ von Konstantin Wecker im Antiquariat besorgt. Im Buch bin ich auf ein paar wundervolle Zitate gestossen, die ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, gerne mit auf den weiteren Weg geben möchte:

„Ich wollte für die Kunst leben, wenn’s sein musste auch sterben, mich von ihr berauschen lassen, in ihr blühen und verglühen.“ (Seite 44).

„Die Wahrheit der Klänge öffnet sich nur dem, der seinem Selbst in der Stille begegnet ist.“ (Seite 47).

Fazit: „Der Klang der ungespielten Töne“ ist ein sehr poetisches und tiefsinniges Buch. Es ist dies ein Buch, das uns einlädt, uns hin und wieder von der lauten Welt zu verabschieden. In dieser Geschichte öffnet die Cellistin Beatrice zum Schluss dem armen und geplagten Anselm die Augen, indem sie sagt: „Es geht nicht ums Schweigen, lieber Freund, es geht um Stille. Das Schweigen hat nur insofern etwas mit Stille zu tun, als man zuerst einmal zu schweigen hat, um in die Stille zu gelangen.“ (Seite 74).

Text und Fotos: Kurt Schnidrig