Alles neu, macht der Mai

Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.

Herzlich willkommen, liebe Lesende! Ich bin zurück mit meinem Blog. Aus rein technischen Gründen war mein Blog nun seit einem Monat nicht mehr erreichbar. Unser grossartiges IT-Team hat nun aber alles wieder im Griff. Viele besorgte Zuschriften und Anfragen habe ich erhalten. Ob ich wohl einen Schreibstau erlitten hätte? Ob mir die Ideen ausgegangen seien? Und ja, ob man mir sonst irgendwie helfen könnte? Nichts, wirklich nichts, ist wahr von all dem! Ich schreibe nach wie vor liebend gern. Es war schlicht und einfach eine digitale Panne, die, nebst anderen Diensten von rro, auch meinen Blog Literatur lahmgelegt hatte.

Alles neu, macht der Mai. Pünktlich auf den Wonnemonat Mai hin ist also nun auch der Blog Literatur zurück. Haben Sie, liebe Leser*innen gewusst, dass es sich bei der Redewendung „Alles neu, macht der Mai“ um ein altes Volkslied handelt? Es war der deutsche Lehrer, Heimatkundler und Schriftsteller Hermann Adam von Kamp (1796-1867), der im Jahr 1829 das Lied Alles neu macht der Mai komponierte. Das Lied zählt zum lyrischen Kulturgut der deutschen Sprache.

Höchst interessante Gerüchte ranken sich um den Dichter des Liedes Alles neu macht der Mai, Hermann von Kamp. Er gilt als der Verfasser einer lange vergessenen Erzählung. Die Erzählung trägt den Titel Adelaide, das Mädchen vom Alpengebirge. Es soll sich dabei um die literarische Vorlage der Heidi-Romane unserer Schweizer Autorin Johanna Spyri handeln. Zumindest vertritt diese These der Frankfurter Germanist Peter Büttner. Könnte es tatsächlich sein, dass Johanna Spyri ihre Heidi-Geschichte abgekupfert hat? Ist die Heidi-Erzählung ein Plagiat? Büttners These wird von der Spyri-Biografin Regine Schindler relativiert, jedoch nicht abgestritten. Eine Analyse ergibt, dass die beiden Erzählungen zwar oberflächliche Parallelen aufweisen. Es sind jedoch auch signifikante Unterschiede zwischen den beiden Erzählungen festzustellen. In einem Buch, das im Insel-Verlag erschienen ist, hat Büttner seine Plagiat-These jedoch erneut verteidigt.

Der Wonnemonat Mai. Alles neu, macht der Mai, macht die Seele frisch und frei. Das Volkslied mag wohl auch der Grund sein, weshalb der Monat Mai als der Wonnemonat bezeichnet wird. Im Wonnemonat Mai stehen die vielen Hochzeiten an, und wer noch nicht verliebt sein sollte, für den holt Amor nun die spitzesten Pfeile aus seinem Köcher. Stimmt das aber auch alles so? Ist der Mai wirklich der Wonnemonat? Leider nein. Mit Wonne in der heutigen Bedeutung hat der alte Monatsname genau genommen gar nichts zu tun. Der Name taucht im 8. Jahrhundert erstmals auf und heisst althochdeutsch wunnimanot = Weidemonat. Der Name weist also darauf hin, dass man in diesem Monat das Vieh wieder auf die Weide treiben konnte. Nun ja, das tönt jetzt nicht gerade sehr poetisch. Aber das Leben ist nun mal kein Zuckerschlecken, auch wenn die Lyriker – zumindest im 18. Jahrhundert – mit ihrer Poesie den harten bäuerlichen Alltag etwas zu versüssen suchten.

Eine Volksweise als ein echter Aufsteller. Während die Nachrichten und News aus aller Welt auf viele Zeitgenossen eher deprimierend wirken, kann ein Gedicht oder ein Lied oftmals ein echter Aufsteller sein. Alles neu, macht der Mai:

Alles neu, macht der Mai, / Macht die Seele frisch und frei / Lasst das Haus, kommt hinaus, / Windet einen Strauss! / Rings erglänzet Sonnenschein, / Duftend pranget Flur und Hain; / Vogelsang, Hörnerklang / Tönt den Wald entlang.

Wir durchzieh’n Saaten grün, / Haine, die ergötzend blüh’n, / Waldespracht neu gemacht / Nach des Winters Nacht. / Dort im Schatten an dem Quell / Rieselnd munter, silberhell, / Klein und Gross ruht im Moos, / Wie im weichen Schoss.

Hier und dort, fort und fort, / Wo wir ziehen Ort für Ort / Alles freut sich der Zeit, die verjüngt, erneut, / Widerschein der Schöpfung blüht / Uns erneuernd im Gemüt. / Alles neu, frisch und frei, / Macht der holde Mai.

Von Herzen wünsche ich allen einen herzhaften, liebevollen und blumigen Mai!

Text und Foto: Kurt Schnidrig