Das Buch – ein Objekt der Begierde

Das Buch ist und bleibt ein Objekt der Begierde. Das hat die Frankfurter Buchmesse während fünf Tagen eindrücklich wieder einmal in Erinnerung gerufen. Mehr als 285’000 Menschen feierten das Buch in allen Variationen. Auf der weltweit grössten Fachmesse für Literatur zeigten 7’500 Aussteller aus 109 Ländern viel Spannendes zwischen Buchdeckeln. Die Literatur-Vermittlung war diesmal besonders darauf ausgerichtet, die weltweite Lesergemeinde noch auszuweiten und neue Leserinnen und Leser für literarische Stoffe aller Art zu begeistern. Was auch auffiel, die digitale Revolution der letzten Jahre kann ihre Versprechen kaum einlösen. Das Buch steht sicher und unbedrängt am Anfang der Medienkette. Wer eine Botschaft hat, sei er nun ein Promi oder ein Literat, der schreibt erst einmal ein Buch. Das Buch ist der vielversprechende Steilpass für alle anderen Medien.

Kleine Verlage im Vormarsch. Wer sich in der Welt der Literatur noch besser zurechtfinden will, für den hielt Frankfurt viele Angebote bereit. Die Organisatoren richteten ihr Augenmerk darauf, auch Wenig-Leser für Literatur zu begeistern. Die Frankfurter Buchmesse hat dieses Jahr den Schritt noch näher zur Leserin und zum Leser hin gewagt. Die Messe war insgesamt viel weniger auf ein reines Fachpublikum ausgerichtet, wie das noch in den vergangenen Jahren der Fall war. Insbesondere zeigten sich die kleinen, unabhängigen und spezialisierten Verlage gefestigt und auf dem Vormarsch. Demgegenüber hatten eher die grossen Verlage einen leichten Rückgang der Leserschaft zu beklagen. Besonders die grossen Verlage, die sich in den letzten Jahren der seichten Unterhaltungsliteratur hingegeben hatten, mussten feststellen, dass dies ein Irrweg war. Hatte früher bei einer grossen Leserschaft noch die Herz-Schmerz-Tränendrüsen-Masche verfangen, schaut sich heutzutage ebendiese Leserschaft dasselbe eher im Serienformat auf Netflix an.

Live-Events rund ums Buch. In der Stadt Frankfurt liessen zauberhafte Live-Events die literarische Fieberkurve steigen. Das Ziel der Organisatoren, die Messe stärker als Lesermesse denn als Fachmesse zu inszenieren, war erkennbar. Auch wenn es (noch) nicht gelang, die Leserinnen und Leser zu Hauptakteuren und Protagonisten der Messe werden zu lassen. So hätte zum Beispiel der „Die meisten Harry Potters an einem Ort“ – Weltrekord gebrochen werden sollen. 998 als Harry Potter verkleidete Zauberlehrlinge hätte es dafür gebraucht. Die waren zwar prompt eingetrudelt, doch waren zu wenig Kostümierte darunter. Dafür durfte man viele allerliebste kleine Events an den verschiedensten Ecken und Enden der Stadt besuchen. Die Literatur-Vermittlung funktioniert auch immer noch ganz gut mit der Kaffeetasse in der Hand, mit scharfem Verstand und mit hammerharten und pointierten Urteilen.

Meine persönlichen Highlights? Ich habe meinen literarischen Kosmos etwas ausweiten können. Die wichtigste Erkenntnis dabei ist, dass sich der Literaturbetrieb mit seichter Unterhaltung und konfektionierter Massenware das eigene Grab schaufelt. Wohlfühlliteratur hat zwar auch ihre Daseinsberechtigung. Es sind aber immer noch die Bücher mit Tiefe und Anspruch, welche die Welt bewegen. Und was mich als Literaturblogger besonders freute, ist die Feststellung, dass die „klassischen“ Buchblogs gebraucht, gelesen und sehr wohl wahrgenommen werden, auch wenn wir Blogger nicht jedes Mal mit einem öffentlichen Feedback rechnen dürfen. Es ist jedoch keineswegs so, dass der Hype-Faktor vollständig zu den Instagramern und Influencern abgewandert wäre. Viel spannende Arbeit wartet. Die literarischen Neuentdeckungen wollen weiter vermittelt sein: „Das musst du unbedingt lesen!“ Diesen Ratschlag werden viele in den nächsten Tagen und Wochen befolgen. Und ja, 2019 ist schon bald, und auch Frankfurt 2019 wartet bereits auf uns, auf dich, auf mich.

Text und Fotos: Kurt Schnidrig