Na dann, Prost!

Es gibt Ferienorte, da wird einem das Bier blumig serviert (Bild). Das kann aus purer Freundlichkeit geschehen. Es kann aber auch eine Wertschätzung sein gegenüber dem traditionellen Gerstensaft. Das Bier ist das älteste Nahrungsmittel der Menschheit, und eine ausgiebige Literatur rankt sich rund um den edlen Gerstensaft. Natürlich kann man das Bier in diesen heissen Hundstagen einfach nur trinken. Im Schatten einer kühlen Gartenbeiz lässt sich jedoch auch trefflich über das schäumende Bierchen philosophieren.

Bier und Brot. Bei den alten Ägyptern gehörte das Bier wie auch das Brot zu den Grundnahrungsmitteln. Die Arbeiter für den Pyramidenbau erhielten als Lohn täglich zwei Krüge Bier und dazu drei bis vier Brote. Interessant ist, dass die Hieroglyphe für Nahrung ein Zeichen war, das Bier und Brot gleichermassen bedeutete. Die Bierbrauerei war in Ägypten ein Staatsmonopol. Wie gross die Wertschätzung des Bieres schon damals war, das zeigt die Tatsache, dass den Toten auch Bier mit ins Grab gegeben wurde.

Brutale Bierideen. Aus heutiger Sicht lesen sich die Bierschankordnungen aus der Zeit um 3000 vor Christus mit einigem Abscheu. Die ältesten Regelungen rund ums Biertrinken finden sich im Codex Hammurabi (1700 v.Chr.). Da steht zum Beispiel: Bierpanscher werden in ihren Fässern ertränkt oder so lange mit Bier vollgegossen, bis sie ersticken. Oder: Die Wirtin, die minderwertiges Bier ausschenkt, wird ertränkt. Oder: Die Wirtin, die in ihrer Gaststätte beim Biertrinken politische oder staatsgefährdende Diskussionen duldet, ohne die Gäste der Obrigkeit auszuliefern, wird getötet. Oder: Eine Priesterin, die ein Bierhaus aufsucht oder gar ein solches eröffnet, wird verbrannt. Der römische Schriftsteller Tacitus nennt in seinem Werk Germania Bier als das Hauptgetränk der Germanen: „Als Getränk dient eine Flüssigkeit aus Gerste oder Weizen, in eine gewisse Ähnlichkeit mit Wein umgefälscht.“ (Tacitus, Germania, 23). 

Bier trinken für die Wissenschaft. Die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften hat sich das Biertrinken gar nicht einfach gemacht. 40 Bier-Sommeliers und Sensoriker verkosteten 175 verschiedene Biere. Die Testresultate füllen ein Buch mit 340 Seiten („Die besten Schweizer Biere“, Verlag Werd & Weber). Darin finden sich alle Angaben zu Alkoholgehalt, Farbe, Stammwürze und Bittereinheiten. Wissenschaftlich hoch interessant ist ein Spinnennetz-Diagramm. Daraus ist auf einen Blick ersichtlich, wie sich ein Bier mit Hilfe von Kriterien bewerten lässt. Die wichtigsten Beurteilungs-Kriterien sind die Folgenden: Malz, Hopfenblume, Hefe und Honig. So einfach ist das alles aber nicht. Dazu kommen nämlich noch zehn Degustationskriterien wie Fehlaromen, Konsistenz, Optik und … Trinkfreudigkeit!

Wie schmeckt’s? In einem Restaurant der oberen Preisklasse ist es Ehrensache, dass der Chef nach einem feinen Essen nachfragt, wie es denn geschmeckt habe. Leider ist dies nach dem Genuss eines Glases Bier in der Regel nicht der Fall. Eigentlich schade. Denn bei Bieren lassen sich mindestens fünf Geschmacksrichtungen unterscheiden: Süss, sauer, bitter, salzig und … umami. Wissenschaftlich motiviert, habe ich mir kürzlich einen kleinen Test erlaubt. Meine Bestellung an die Kellnerin formulierte ich folgendermassen: „Bitte bringen Sie mir eine Stange, aber bitte umami.“ Die Kellnerin schaute mich lange an. Nach noch längerer Zeit kam sie zurück und brachte mir wortlos ein Bier. Ich habe dann nicht insistiert. Für die Bierkenner sei aber verraten: Das Wort „umami“ stammt aus dem Japanischen und bedeutet „schmackhaft, würzig“. Und ja, die Kellnerin hatte schon recht, irgendwie steht ja jeder Bierbrauer dafür ein, dass sein Bier schmackhaft und würzig sei.

Bier selbst brauen. Wenn es heiss ist, dann sehnt man sich nach einem Kühlen. Aber bitte nicht noch zuerst selbst brauen! Umso erstaunlicher ist es, dass es so viel Literatur gibt, die das nötige Wissen für das Brauen vermittelt. Lesenswert ist „Ein Buch vom Bier“ von Eduard Maria Schranka. Das Buch ist unterhaltsam zu lesen, und dies ganz ohne Bierernst. Darin finden sich auch bierselige Anekdoten und Bierlieder. Zusätzlich empfiehlt sich auch der Besuch einer Bierbrauerei. Die Bierbrauerei „Suonen Bräu“ in Ausserberg ist eine gute Adresse. Dort weiht man die Besucher gerne in die Kunst des Bierbrauens ein. Mit viel Handarbeit und wenig Maschinerie stellen die Ausserberger die drei Spezialbiere „Kräuter“, „Gold“und „Perle“ her. Absolut sehenswert.

Schriftsteller sind Biertrinker. Schier endlos ist die Liste von Zitaten, die uns die schreibende Zunft hinterlassen hat. Hier nur eine kleine Auswahl. Sylvia Plath, amerikanische Schriftstellerin, 1932-1963, schrieb: Manchmal hilft’s, wenn man den Kopf in Bier einweicht. Ernest Hemingway, amerikanischer Schriftsteller, 1899-1961, wagte einen Selbstversuch: Ich hatte beschlossen, nicht mehr mit Schmeichlern zu trinken, sondern nur noch mit echten Freunden. Resultat: Ich nahm 30 Pfund ab. Stephen King, der Thriller-Autor, ist bekannt wegen seiner Wortspiele: Ich arbeite gewöhnlich bis Bier Uhr. Und zum Schluss noch dieses fürchterliche Zitat des amerikanischen Schauspielers Henny Youngman, geboren 1906: Als ich von den schlimmen Folgen des Trinkens las, gab ich sofort das Lesen auf. Bitte nicht nachmachen!

Text und Foto: Kurt Schnidrig