Kleine Hexe gegen Wetterhexe

Schmerzt Ihr Rücken etwa auch vom Schneeschaufeln? Fehlt nur noch der Hexenschuss, den die Wetterhexe bestimmt noch abfeuern wird. Denn mit dem verhexten Schlechtwetter-Winter hat es noch lange kein Ende. Dass sie jetzt noch ins Kino kommt, die Wetterhexe, das gönne ich ihr nicht so recht. Die Wetterhexe heisst übrigens Rumpumpel. Und sie ist die Gegenspielerin der kleinen Hexe. Entstanden ist die berühmteste Hexengeschichte nicht im diesjährigen Horror-Winter, sondern bereits im Jahr 1957. Das Buch „Die kleine Hexe“ von Otfried Preussler kommt als Neuverfilmung ab Februar in unsere Kinos.

Die Bücher von Otfried Preussler sind echte Klassiker. Dass sie auch in unserer heutigen Zeit noch auf der Kino-Leinwand viele Besucherinnen und Besucher verzaubern, spricht für die überzeitlichen Inhalte. Von Otfried Preusslers Büchern wurden in den vergangenen Jahren bereits „Krabat“ und „Das kleine Gespenst“ mit grossem Erfolg verfilmt. Jetzt kommt also „Die kleine Hexe“. Das Buch ist inzwischen bereits in fast 50 Sprachen übersetzt worden. Wie der Autor Otfried Preussler selber schreibt, entstand die Geschichte von der kleinen Hexe nach eigenen Gute-Nacht-Geschichten, die er für seine drei Töchter erfand, um ihnen die Angst vor bösen Hexen zu nehmen.

Die kleine Hexe ist die Hauptperson in der Geschichte. Sie ist zwar erst im Alter von einhundertsiebenundzwanzig, was für eine Hexe so gut wie gar nichts ist, und sie ist lieb, aber auch sehr ehrgeizig. Wie es sich für eine Hexe gehört, lebt sie im Wald in einem Hexenhaus. Und wie es sich für ein Hexenhaus gehört, hat dieses einen krummen Schornstein, ein windschiefes Dach und klapprige Fensterläden. Das Hexen will gelernt sein, und dafür opfert sie täglich sechs Stunden hartes Training. Ebenfalls hexengerecht ist ihr ständiger Begleiter, der sprechende Rabe Abraxas. Der ist klug wie ein Klassenprimus und nie um einen guten Ratschlag verlegen. Und gute Ratschläge hat die kleine Hexe dringend nötig, denn sie hat eine gewichtige Gegenspielerin.

Die Wetterhexe Rumpumpel ist die Gegenspielerin der kleinen Hexe. Als die kleine Hexe versucht, sich in der Walpurgisnacht unerlaubt den älteren Hexen anzuschliessen, wird sie von der Wetterhexe Rumpumpel entdeckt und vor den Hexenrat gezerrt. Die kleine Hexe erhält verschiedene Strafen. So wird ihr beliebtes Fluggerät, der Hexenbesen, verbrannt. Aber immerhin ringt die kleine Hexe dem Hexenrat auch das Versprechen ab, an der nächsten Walpurgisnacht teilnehmen zu dürfen, falls sie sich bis dahin zu einer guten Hexe entwickelt habe.

Eine gute Hexe ist, wer böse ist. Dieser Widerspruch wird der kleinen Hexe zum Verhängnis. Sie versteht nämlich unter „gut sein“ zum Beispiel, dass sie gute Taten vollbringt. Sie hilft den armen Menschen, sie bestraft die miesen Bösewichte und sie rettet Tiere, die in Not geraten sind. Vor dem Hexenrat allerdings machen gute Taten noch lange nicht eine gute Hexe aus. Eine Hexe soll gut darin sein, böse zu sein. Der Hexenrat denkt sich für die kleine Hexe eine üble Strafe aus: Sie soll das Holz für den Scheiterhaufen der Walpurgisnacht zusammentragen. Aber der Hexenrat macht die Rechnung ohne die blitzgescheite kleine Hexe. Diese schwört Rache, indem sie den grossen Hexen „das Hexen abhext“: Als Brennstoff für den Scheiterhaufen benutzt sie die Zauberbücher und die Besen der grossen Hexen, wodurch diese das Hexen nicht mehr ausüben können.

Der Film von Regisseur Michael Schaerer basiert auf der literarischen Vorlage von Otfried Preussler aus dem Jahr 1957. Die erste Garde der deutschsprachigen Schauspielerinnen wurde für die Neuverfilmung aufgeboten. In der Rolle der kleinen Hexe ist Karoline Herfurth zu erleben. Wir kennen sie bereits aus den aktuellen „Fack Ju Göhte“-Filmen oder als das „Mirabellen-Mädchen“ aus der Literaturverfilmung „Das Parfum“. In die Rolle der Wetterhexe Rumpumpel schlüpft Suzanne von Borsody. Sie kennen wir aus TV-Produktionen wie „Tatort“, „Schimanski“ oder „Hanni und Nanni“.

Warum aber müssen Filme von einer erfolgreichen literarischen Vorlage abweichen? Im Film soll die kleine Hexe beweisen, dass sie schon eine richtig grosse und gute Hexe ist, indem sie alle Zaubersprüche aus einem magischen Buch in nur einem Jahr lernen soll. Die Wetterhexe Rumpumpel will diesen Erfolg unbedingt verhindern. Mit ihrem Raben Abraxas zusammen will die kleine Hexe herausfinden, ob es nicht noch einen einfacheren Weg gibt, um sich als gute Hexe zu beweisen.

Damit habe ich Mühe: Warum muss der Film aus der kleinen Hexe eine nicht besonders fleissige Schülerin machen, deren einziges Lebensziel darin zu bestehen scheint, mit irgendwelchen Tricks dem Studieren aus dem Weg zu gehen? Und warum lässt der Film die kleine Hexe nur mit (magischer) fremder Hilfe zu einer guten Person (Hexe) werden? Warum kann sie ihre Lebensziele nicht aus eigenem Antrieb heraus erreichen? Immerhin soll der Film ja auch ein junges Publikum ansprechen. Da habe ich methodisch-pädagogische Einwände.

Warum denn nicht diesen wundervollen Buchklassiker mit all den vielen Möglichkeiten der modernen Filmkunst so wie er ist auf die Leinwand zaubern? Aber das wäre wohl zu einfach…

Text und Foto (Symbolbild): Kurt Schnidrig