Wallisertitsch schriibu

Der Walliser Dialekt ist Kult. In der Literatur, in den Medien, in den sozialen Netzwerken. Doch wie soll man unser Wallisertitsch richtig schreiben? Kürzlich habe ich die Problematik mit den zwei Bilderbuch-Autorinnen Jacqueline Daria Burgener und Jeaninne Lerjen (Bild) einen Abend lang diskutiert. Die Ergebnisse dürften von allgemeinem Interesse sein.

Es gibt zwar keine allgemeingültigen Regeln für geschriebene Mundart. Aber es gibt einige gute Ratschläge und Tipps. Und es gibt beim Schreiben von Mundart auch „Todsünden“, die man vermeiden sollte. Ich habe für Sie, liebe Leserin, lieber Leser, die wichtigsten Tipps zusammengestellt und kommentiert. Dabei bin ich einer Anleitung gefolgt, die vom Bund Schwyzertütsch erarbeitet wurde (Quellenangabe unten).

Ganz wichtig ist der allgemeine Grundsatz: Schreibe so, wie Du sprichst und wie du hörst, ohne Rücksicht auf das hochdeutsche Schriftbild! Das reicht aber nicht. Zu achten ist des weiteren auf die Selbständigkeit der Wörter, die Schreibung der Vokale (a,e,i,o,u) und die Schreibung der Konsonanten. Darf ich das mit Beispielen erklären?

Unter „Selbständigkeit der Wörter“ ist zu verstehen, dass jedes Wort seine Selbständigkeit beibehält. Verzichten Sie auf Bindestriche und Apostrophe! Zum Beispiel beim Artikel (der, die das): dr Maa (nicht: d’r Maa), d Räba (nicht d’Räba), ds Häärz. Kein Bindestrich bei het mu, ischt mer (nicht: het-mu, ischt-mer). Dasselbe gilt für die Präpositionen: z Vischp, z Leigg, (nicht: zVischp, zLeigg); z löifu bringu (nicht: zlöifu bringu).

Bei der Schreibung der Vokale ist darauf zu achten, ob der Vokal lang oder kurz gesprochen wird. Kürze des Vokals wird durch einen einfachen Buchstaben, die Länge des Vokals durch Doppelbuchstaben ausgedrückt: faru – faaru;  gschribu – schriibu;  leschschu – leeschu. Ganz wichtig: Kurzer i-Laut wird mit i, langer i-Laut wird mit ii geschrieben. MERKE: ie darf nie als Längezeichen (wie im Hochdeutschen „Liebe“, „sieben“ etc.) verwendet werden. Die Buchstabenverbindung ie wird gesprochen wie in siedu, dienu, Brief, gibliet. Auch die Zwielaute (Diphthonge) sind lautgetreu entsprechend der eigenen lokalen Mundart zu schreiben: Büech, Büäch, Büoch etc. Und noch etwas: Das lange j erscheint vor Vokalen und in den bei uns häufigen Verkleinerungsformen: d Rieja, äs bitzji, ds Rafji, ds Blüemji etc.

Bei der Schreibung der Konsonanten gibt immer wieder das Folgende zu Diskussionen Anlass: Gemäss der Anleitung des Bundes Schwyzertütsch sollte im Anlaut sp und st wie im Hochdeutschen geschrieben werden. Also: springu, stillu etc. Ich finde das nicht konsequent. Das entspricht nicht dem Grundsatz „Schreibe so wie du sprichst“. Besser wäre also zu schreiben: schpringu, schtillu. Im Wortinnern – da sind sich alle einig – soll immer schp und scht geschrieben werden, also d Vischpa, dr Mischt, verschpritzu etc.

Noch etwas: Den Schärfungen ist besondere Beachtung zu schenken: Man schreibt dr Ofu, aber offu. Man schreibt: d Schpiina (hochdeutsch: der Wasserhahn), aber d Schpinna (hochdeutsch die Spinne).

Im Wallisertitsch gibt es als einzige Vergangenheitsform nur das Perfekt. Also: gganu oder gigangu (für hochdeutsch: ich bin gegangen).

Beim x-Laut ist zu unterscheiden, ob hochdeutsch ein „chs“ vorkommt, oder ein „x“. Man schreibt also ds Xavi, ds Maxji, aber man schreibt d Agsla, wägslu etc.

Alles klar? Dann viel Vergnügen beim „Schriibu in Wallisertitsch“!

Quelle: Die Anleitung ist in enger Zusammenarbeit mit dem Bund Schwyzertütsch (Dr. Rudolf Trüb und Dr. Alfred Egli) entstanden. Siehe auch die Zeitschrift „Wir Walser“, Nr. 1/1978, S. 39.

Bild: Die Bilderbuch-Autorinnen Jacqueline Daria Burgener und Jeaninne Lerjen waren zu Gast am rro-Literaturabend „Das Wunder des Lesens“. Foto: zvg.